|
Fahrbericht aus der Zeitschrift Hobby von
1960: |
 |
Hallo,
Martin Lauer!" - "Hallo, hobby!" - "Haben Sie Lust,
noch schneller als sonst zu sein?" - "???" - "Keine
Angst, es handelt sich nicht um ein unfehlbares Mittel für einen neuen
Hürdenweltrekord, sondern um einen Autotest. Sie sollen für die
hobby-Leser den MGA 1600 auf Herz und Nieren prüfen." "Prima
Idee, mach' ich mit Vergnügen!" Kurze Zeit nach diesem
Telefongespräch drückten wir Martin Lauer, Inhaber des Weltrekordes im
110-m Hürdenlauf und 'Sportler des Jahres', das Fahrzeug in die Hand. Natürlich nicht auf gut
Glück, denn für uns war ausser dem populären Rekordmann der
Aschenbahn auch der 'unbekannte' Martin Lauer ein Begriff: der
Maschinenbaustudent an der Münchner TH, dessen zweite Leidenschaft das
Auto, vor allem das schnelle Auto ist. Am Steuer zahlreicher Wagentypen
hat er seine Meisterschaft bewiesen. Wir fuhren eine lange Strecke mit
ihm. Martin Lauers Fahrweise ist eine Wucht! Aber lesen Sie selbst
Martin Lauers ersten und bestimmt nicht letzten Testbericht, den er für
hobby schrieb.
|
Na, dann
fahren Sie mal los! Er schaltet sich etwas schwer. Das war die letzte
Empfehlung, ehe mir hobby den MGA 1600 zur Testfahrt übergab. Leise
klang ein sorgnvoller Unterton durch, denn ich hatte noch nie in einem
MG gesessen. Als ich mich unter das Steuer klemmte, tröstete ich mich
damit, dass eben alles seine Zeit und Übung braucht. Beim nächsten Mal
sollte der Einstieg schon bedeutend eleganter wirken, das hatte ich mir
vorgenommen. Die erste Fahrt ging auf dem Sportplatz nur einmal
geschwind im Kreis herum, so zum Angewöhnen. Doch nachdem ich mich
wieder herausgezogen hatte, sah ich den Wagen schon mit ganz anderen
Augen an. Plötzlich gefiel er mir ausnehmend gut, zumal das
Sportverdeck gerade versenkt worden war.
Mein erster offizieller Testerblick
galt dem Motor. Wenn ich nicht genau gewusst hätte, dass dieser Motor
nur 1600 ccm hat, hätte ich verzweifelt die restlichen zwei Zylinder
von den vermuteten sechs gesucht. Denn der Druck auf das Gaspedal war
überraschend erfolgreich gewesen! Wirklich imponierend, was da unter
der Motorhaube steckte! Den eigentlichen Blickfang bildeten jedoch die
beiden Halbfallstromvergaser mit je einem eigenen Luftfilter. Daher also
auch die in Tanknähe im Heck montierte, vielgepriesene elektrische
Hochleistungs-Benzinpumpe! Es herrscht Ordnung und vertrauenerweckende
Verarbeitung rings um den Motor. Doch ich nehme zugunsten der Firma
Morris und Govley gerne an, dass der Kilometerzähler des Testfahrzeugs
etwas vernachlässigt wurde, denn bei rund 10000 Kilometern darf der
Rost noch nicht an Blechnähten und -kanten, besonders an den Türen, so
sichtbar sein Unwesen treiben, wie er das hier leider tat. Dann schaute
ich noch schnell nach dem Öl. Was da so an ungelösten Verunreinigungen
herumschwamm, verdächtigte aber ganz zu Unrecht den Motor, das sei hier
nachdrücklich festgestellt. Schuld war der Lehrling beim letzten
Ölwechsel - und sonst niemand.
Zu zweit - ein hobby-Tester begleitete
mich - machten wir uns auf die Fahrt. Bis wir auf freier Strecke waren,
hatte ich Gelegenheit, das Armaturenbrett ausgiebig zu bewundern. Sein
Konstrukteur muss ein ziemlich unordentlicher Mensch gewesen sein. Sogar
die Hupe hat er ans Armaturenbrett verbannt! Jedenfalls war es für mich
sehr blamabel, in dem riesigen, runden Knopf in der Mitte nicht gleich
die Hupe vermutet zu haben. Was wohl mein Beifahrer von mi dachte? Die
Windschutzscheibe bietet gute Sicht, das soll schon was heissen im
Panoramascheiben-Zeitalter.
|
 |
Die sehr direkte
Lenkung verleitet nur am Anfang zu kleineren Kraftakten. Mit der Zeit
wäre das viel zu anstrengend. Deshalb ging ich bald dazu über, ohne
Kraftakt zu steuern - und siehe da, es klappte auch so! Nun erst merkte
ich dass der Wagen leicht nach rechts zog. Mein Verdacht fiel zuerst auf
meinen Nebenmann, nicht eben ein Leichtgewicht, der sich aber heftig
dagegen verwahrte. Als ich den Fahrzeug-Prospekt studierte, entdeckte
ich unter den einzubauenden 'Extras' auch ein Radiogerät, wie es
eigentlich in jeden schnittigen Sportwagen gehört.
|
Solange jedoch alle Sportverdecke am
MG so undicht sind wie in unserem Falle, ist ein Autosuper sträflicher
Luxus, zumal der MGA 1600 auch den leicht abgewandelten Werbeslogan für
sich in Anspruch nehmen kann: Innen lauter als aussen, auch ohne Wind.
Doch dieser Umstand kann keinem echten Sportwagen - und diese
Bezeichnung kann man dem MGA 1600 wirklich nicht streitig machen - zur
Unehre gereichen. Schliesslich liegt darin ja auch der untrügliche
Beweis für eine äusserst kompakte, stabile Bauart. Kein unnötiger
Federweg, keine weiche Aufhängung stören den direkten Kontakt mit der
Strasse. Kein Schlagloch, und sei es das kleinste, bleibt dem Rückgrat
verborgen. Ich bin mir selbst jetzt noch nicht klar darüber, was sich
bei 160 km/h auf weniger Asphaltfahrbahn gehoben hat: der Wagen von der
Strasse oder ich mich vom Sitz. Einer von uns bei den ist jedenfalls
ganz hübsch hochgegangen. Mir scheint, der Motor ist mit 80 PS nicht
überfordert. Bei 150 bis 160 km/h zeigt der Tourenzähler 5500
Umdrehungen an. So etwas kann nur ein robuster Vierzylinder. Alle
Achtung! Wenn die 80 PS in den hohen Drehzahlen zur Entfaltung kommen,
wird man noch gratis wachgerüttelt. Bei 5600 Umdrehungen hat der Motor
für das gesamte System die kritische Drehzahl erreicht. Man spürt es
überall, sogar am Steuer, dass jetzt 'des Gases genug sein muß'. Bei
knapp 170 Sachen auf der Autobahn ist also ein kleines Nickerchen
unmöglich. Alles hat seine guten Seiten!
Zu nichts reizt ein Sportwagen mehr
als zum rasanten Beschleunigen. Jeder Start, jedes Überholmanöver ist
eine innere Wohltat. Der MGA 1600 erwies sich als besonders wohltätig.
Die durch eine falsche Grundeinstellung bedingte Frühzündung, die
gratis mitgeliefert wurde und an der auch der Fliehkraftregler nichts
mehr zu ändern vermochte, erforderte eine besonders hohe Drehzahl beim
Start aus dem Stand. Aber wozu hat der Wagen schließlich eine griffige
Einscheiben-Trockenkupplung? Sie schaffte das spielend. Dass sie über
Öldruck betätigt wird, ist nicht zu merken, höchstens zu ahnen, denn
sie muss immerhin 80 PS bändigen. Für Interessenten, die mit reinen
Zahlen etwas anzufangen wissen, haben wir folgende Beschleunigungswerte
ermittelt: Aus dem Stand mit Durchschalten dauert die Beschleunigung auf
80 km/h 10,3 sec, auf 100 km/h 14,8 sec und auf 120 km/h 21,0 sec. Von
40 auf 100 km/h beschleunigte der MGA 1600 in 11,3 sec und von 40 auf
120 km/h in 16,8 sec. Wer schon einmal günstigere Werte vom MGA 1600
gelesen hat, der möge bedenken, dass zwei Personen im Wagen sassen, als
diese Messungen durchgeführt wurden.
Alle diese Zahlen ersetzen jedoch
nicht jenen herrlich sportlichen Druck im Rücken oder gar das erhabene
Quietschen der durchdrehenden Reifen beim Gasgeben. Dass der Druck im
Rücken beim MGA 1600 besonders hart ausfällt, daran ist nicht zuletzt
die Rückenlehne schuld. Aber was soll's, Druck ist Druck!
Die Überholmanöver gestalteten sich
zu 'inneren Vorbeimärschen', besonders dann, wenn das 'Opfer' so knapp
100 km/h fuhr: Erst anschleichen, dann kräftig in die Hände gespuckt,
4. Gang raus, hinein mit dem 3. Gang, dass das Gelenk nur so knirscht,
das Handgelenk natürlich, Steuer nach links - Vorsicht: Ellenbogen! -
Steuer nach rechts - Vorsicht: Nebenmann! - und vorbei ... Bei allem
selbstverständlich nicht die betont gelangweilte Miene vergessen, auch
wenn's anstrengt - das Schalten -, und auch wenn er weh tut - der
Ellbogen beziehungsweise der Beifahrer. Das ist alles Gewohnheitssache,
wichtig ist nur, dass die Beine genügend Platz haben, und den haben
sie. Spass muss sein! Auch der MGA 1600 versteht Spass, grobe Spässe
sogar - und das hat man schliesslich gern, denn das versöhnt mit den
kleinen Unzulänglichkeiten. |
 |
|
Im
MGA 1600 ist das Getriebe selbstverständlich synchronisiert - bis auf
den ersten Gang. Die Schaltwege sind die gleichen wie beispielsweise
beim VW, nur erheblich kürzer, denn der Schalthebel selbst misst noch
keine zwei Handbreit. Wer jemals vom MGA 1600 in einen VW umsteigt, der
gebe acht, dass er dort den Schalthebel nicht herausreisst! Die Bremsen
greifen weich, zügig und nicht ganz geruchfrei, alle drei Pedale sind
gängig und so leicht zu 'betreten', dass sie eher die einer
Luxuslimousine sein könnten als die Bändigungshebel eines harten,
robusten Sportwagens. Selbst die Handbremse verdient lobende Erwähnung,
wenn man sie erst mal unter dem Jackett des Nebenmannes entdeckt hat. |
Nicht immer scheint die Sonne. Erst
recht dann nicht, wenn man etwas mühsam, weil ungeübt, das
Sportverdeck versenkt und die Seitenfenster abmontiert hat. Andererseits
kam mir der Regen sehr gelegen, denn der Wagen konnte seine
vorzüglichen Fahreigenschaften erneut unter Beweis stellen. Einen Haken
hatte jedoch die Geschichte: Wo vorher nur der Wind unsichtbar
hindurchgepfiffen hatte, spritzte nun das kühle Nass ins Wageninnere.
Es war nicht viel, aber immerhin - für einen Autofahrer, der sich im
Trockenen wähnt, wenn's draussen giesst, noch zuviel. Die Moral von der
Geschicht: Ein Hardtop, also ein festes Coupédach muss her, durch das
es dann bestimmt nicht mehr pfeift oder regnet, auch nach 20000
Kilometern nicht. Serienmässig gehört es noch nicht dazu, aber als
'Extra' ist es schon zu haben und vor allem für die nasse Jahreszeit
sehr zu empfehlen.
Ohne Hardtop, mit Heizung kostet der
MGA 1600 in Deutschland 9‘560 Mark. Wer 225 Mark sparen will, lässt
die Heizung auch noch weg und kauft sich dafür ein paar warme
Unterhosen, hat aber dann keinen gleichwertigen Ersatz, denn die Heizung
ist eine feine Sache unter den weniger wichtigen Innereien des MGA 1600.
Zum Schluss meiner Testfahrt machte ich noch eine
erfreuliche Feststellung. Der Treibstoffverbrauch während einer
Prüfung auf 'Herz und Nieren' betrug nicht mehr als 13,4 Liter für 100
Kilometer; dabei bin ich nur ganz selten mit mittleren, benzinsparenden
Drehzahlen gefahren. Es kann gar nicht so schwierig sein, bei nicht
allzu rasanter Fahrweise den Verbrauch auf rund 10 Liter zu drücken,
zumal die Wasserkühlung kurzfristig geringe Drehzahlen verkraftet, mit
denen sich auch noch Brennstoff sparen lässt. Auf der Autobahn hat der
MGA 1600 gar nur 11,7 Liter verbraucht, und das bei einer zeitweiligen
Spitzengeschwindigkeit von fast 170 km/h, wobei die bei
Geschwindigkeiten über 100 km/h auftretenden 3 bis 8 'Tachometerprozente'
bereits abgezogen sind.
Sollte mich gelegentlich jemand nach meiner Meinung
über den MGA 1600 fragen, dann werde ich ihm folgendermassen antworten:
Der MGA 1600 ist in allen Dingen, die einen echten Sportwagen ausmachen,
als da sind Motor, Lenkung, Bremsen und Strassenhaftung, durchdacht und
ausgereift. Gerade die Zuverlässigkeit, die bei vielen Sportwagen auf
Kosten der Schnelligkeit leidet, ist eine ganz hervorstechende
Eigenschaft des MGA 1600. Er ist ein Fahrzeug mit Charakter; auch
schlampige Leute haben Charakter, zumeist jedoch ein gutes Herz, und
darauf kommt es vor allem an.
|
Technischer Steckbrief:
Motor:
Vierzylinder-Viertakt, wassergekühlt,
hängende Ventile; Inhalt 1,588 Liter; Bohrung 75,39 mm, Hub 88,9 mm;
Verdichtung 8,3: 1: Leistung: 80 PS bei 5600 U/min; 2 SU
Halbfallstrom-Vergaser mit einzelnen Luftfiltern, durch heckmontierte
elektrische SU-Benzinpumpe gespeist; Druckschmierung durch Exzenterpumpe; Ölinhalt 4,5 Liter,elektrischeAnlagel2Volt,
|

|
Kraftübertragung:
Einscheiben -Trockenkupplung,
hydraulisch betätigt; Vierganggetriebe, 2. bis 4. Gang synchronisiert;
Übersetzungsverhältnis:
1. Gang 15,652: 1,
2. Gang 9,520: 1,
3. Gang 5,908: 1,
4. Gang 4,3:1,
Rückwärtsgang 20,468:1.
Kurzer Getriebeschalthebel in der Mitte. Kardanwelle mit
nadelgelagerten Kreuzgelenken.
|
|
Fahrwerk:
Vorn unabhängige Radführung mit
Dreiecklenkern und Spiralfedern, hydraulische Stossdämpfer; hinten
halbeilliptische Blattfedern und hydraulische Stossdämpfer; direkte
Zahnstangenlenkung; hydraulisches Bremssystem mit Scheibenbremsen an den
Vorder- und Trommelbremsen an den Hinterrädern; zentrale Handbremse mit
Sicherungsknopf; Reifen 5,60x15.
|
Masse und Gewichte:
Gesamtlänge 3960 mm
Gesamtbreite 1470 mm
Gesamthöhe 1270 mm
Radstand 2390 mm
Spur vorn 1206 mm
Spur hinten 1238 mm
Bodenfreiheit 150 mm
Leergewicht 980 kg
Wendekreis 9,5 m
Kraftstofftank 45 Liter
Spitze 170 km/h
Verbrauch bei Normalfahrt 11,7 l/100 km
Verbrauch bei Testfahrt 13,4 l/100km
|
|
Preis:
(mit Heizung) DM 9560.-
|
|